Forschungsprojekt von Dr. Julia Blanc
Titel: Welche Bedeutung hat die wissenschaftlich-theologische Reflexion zu Umweltfragen für das religiöse ökologische Engagement vor Ort?
Kurzbeschreibung des Kontexts: Sowohl der Bereich der Ökotheologie(en) als auch der Bereich des Greening of Religion sind unabhängig voneinander gut erforscht. Während erstere in den 1980er Jahren eine Hochzeit und Blüte erlebten und dann in den letzten zehn Jahren wieder verstärkt Beachtung fand, ist die Forschung zum Greening of Religion aus religionswissenschaftlicher Perspektive aktuell an einem tipping point – nach einer jubelnden Aufnahme von Laudato si verschiebt sich das Interesse wieder verstärkt auf alternative Spiritualitäten.
Eine gleichzeitige Betrachtung der beiden Bereiche steht jedoch (noch) aus. Ein erster Schritt in diese Richtung soll mit dieser Arbeit geschehen.
Fragestellung: Warum werden bei kirchlichem Engagement im Umweltbereich vor Ort kaum theologische Reflexionen angeführt? Wo brechen theologische Forschung und Glaubensverkündigung auseinander? (Warum) Ist wissenschaftliche Theologie nicht (mehr) vermittelbar?
Ziel: Mit Hilfe meiner Forschung möchte ich der Frage nachgehen, woran die Transmission theologischen Wissens in das „echte Leben vor Ort“ scheitert.
Methode: Mit Hilfe von Grounded Theory breche ich über 60 Interviews mit religiösen Akteuren bzw. religiös interessierten/informierten Laien auf, die ich im Rahmen meiner letzten Arbeitsstelle an der Universität Basel (mit)geführt habe.
Die Arbeit ist als kumulative Dissertation angelegt.
Inhalt: Die (katholische) Theologie setzt sich seit vielen Jahrzehnten im Kontext der Ökothologie mit Fragen der religiösen Begründung nachhaltigen Handelns auseinander. Ob man diesbezüglich an Pierre Teilhard de Chardin, Alexandre Ganoczy, Celia Deane-Drummond oder andere anschließt ist dabei fast nebensächlich.
Nicht nebensächlich jedoch ist die Tatsache, wie wenig diese Forschung einerseits im zeitlichen Kontext aufgegriffen wird und so ineinandergreift und aufeinander aufbaut und andererseits wie wenig diese Auseinandersetzung ihren Weg in das (religiöse) Leben „vor Ort“ findet. Der zweite Aspekt stellt den Fokus meiner Forschung dar. Denn wenn auch Pfarreien und andere religiöse Einheiten im Kleinen durchaus Engagement im Umweltbereich zeigen, so fällt eine dezidiert religiöse-theologische Auseinandersetzung nur sehr marginal aus. Genau dies wäre aber der Unique Selling Point „kirchlichen“ Engagements. Es scheint sogar so, als würde mit der „Vermainstreamung“ wissenschaftlich-theologischer Gedanken zu ökologischen Zusammenhängen in den letzten Jahren ein abnehmendes Interesse daran oder zumindest an der Vermittlung eben dieser „vor Ort“ einhergehen.
Dem gegenüber steht die religionswissenschaftliche Forschung zum Greening of Religions, die vereinfacht dargestellt davon ausgeht, dass alle Religionen im Laufe der Zeit vermehrtes Interesse an ökologischen Inhalten haben. Diese Forschung ist bislang meist normativ geprägt. Empirische Forschung ist kaum vorhanden, wenn dann aber vorzugsweise quantitativ.
Diese Ambivalenz möchte ich mit meiner Forschung beleuchten, da sie auch in den dieser soziologischen Arbeit zu Grunde liegenden Leitfadeninterviews aufleuchtet: kirchliche Gemeinschaften „vor Ort“ sind zwar (mehr oder weniger) im ökologischen Bereich engagiert, tun dies aber scheinbar aus (zivil)gesellschaftlichen oder politischen (d.h. finanziellen) Gründen. Die Frage nach theologischen Begründungen wird hingegen nicht gestellt.
Zeitrahmen: Einreichung Sommer 2023
Beteiligte Institutionen/Personen: Erstbetreuung Prof.in Anna Henkel